Die großen Agrarreformen in der ersten
Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden durch zwei vorbildliche Gesetze
der Königlichen Regierung in Hannover eingeleitet. Sie kamen auch
den Neubürgern in Postmoor in ihrer Existenzgründung zugute; das Gesetz
zur Ablösung von den grund- und gutsherrlichen Lasten vom 10.11.1831
und das Verkoppelungsgesetz (die Flurbereinigung) vom 30. 08.1842.
Seit Jahrhunderten hatte der einzelne Bauer nur sein Hofgrundstück
mit Hofgarten und eine mehr oder weniger große Acker- und Grünlandfläche
zu bewirtschaften, für die er aber dem Grundherrn zu zinsen hatte.
Dieser Grundherr war nicht nur der Eigentümer dieser Flächen, nein,
der Bauer stand zu ihm in einem persönlichen und dinglichen Erbuntertänigkeitsverhältnis. Ablösung Der „Bemeierte oder Angemeierte,“ so kennen
wir heute das Wort, ist einer, der ausgenommen worden ist. Die bemeierten
Bauern bzw. Anbauern galten als das „geringe Volk“, sie hatten ihrem
Grundherrn neben der Abgabe des s. g. Zehnten auch Hand- und Spanndienste
zu leisten. Der adlige Grundherr nannte seinen Untertan nur „Hee“
„Wat wull Hee?“ Die Abgaben wurden als Meiergefälle
bezeichnet. Die Rechte und Pflichten des Grund- oder Gutsherrn und
seines Meiers wurden im Meierbrief ver traglich festgelegt(s. Meierbrief im 1.
Abschnitt).Meier nannte sich der Amtsträger, der die abhängigen Bauernstellen
(Hufen) beaufsichtigte und die Abgaben einzog. Das Gesetz zur Ablösung von den
grund- und gutsherrlichen Lasten setzte sich nur langsam durch. Man
traute der Obrigkeit nicht so sehr, man hatte keine guten Erfahrungen
bisher mit ihr gemacht. Um die Befreiung der Meierpflichten zu erlangen,
war es nötig, das 18-fache der bisherigen Meierlasten in einer Summe
zu zahlen. Die Ablösung umfaßte die Beseitigung der persönlichen Unfreiheit
und der damit verbundenen persönlichen und dinglichen Lasten. Außerdem
wurde der Bauer bzw. Anbauer Eigentümer des von ihm bewirtschafteten
Bodens. Die adlige Gerichtsbarkeit wurde aufgehoben. Am 07.08.1852
wird das „Hochadlige Gericht Delm“ dem Amtsgericht Buxtehude angegliedert. Der Grund und Boden der Postmoorer Anbauern
war bei ihrer Existenzgründung überwiegend frei von Meierpflichten.
War es schon ein Segen, daß die Bauern endlich von den lästigen und
drückenden Meierlasten befreit worden sind, brachte die Verkoppelung
einen weiteren Schritt in Richtung zur freien Entfaltung.
Receß ....über die Spezial
Theilung der Gemeinheit und die Verkoppelung der Feldmark der Dorfschaft
Bliedersdorf Amt Horneburg und über die Abstellung der
Frettung auf den Aue=Wiesen und dem Moorcampe Als das Gesetz zur „Gemeinheitstheilung“
und Verkoppelung erlassen worden war, stellte auch die Dorfschaft
Bliedersdorf einen Antrag auf Teilung und Verkoppelung der Feldmark.
Dieser Antrag wurde am 26. Februar 1845 von der königlichen Landdrostei
genehmigt. Der gesamte Grundbesitz der Dorfgemeinheit
wurde neu verteilt. Der eigene Besitz wurde zusammen mit der Allmende
anteilmäßig in zusammenhängenden Flächen wieder aufgeteilt. Bis zur
Durchführung sollten 10 Jahre ins Land gehen. Am 19.11.1855 wurde
der Teilungs- und Verkoppelungsvorgang erfolgreich zum Abschluß gebracht.
Alle Bauern und Anbauern konnten nun auf ihrer eigenen Scholle befreit
von allen Gemeinheitsrechten, frei wirtschaften. Aufteilung der „Gemeinheit/Allmende“
und Ablösung der Frettung Die größere Fläche in der Gemarkung, Gemeinheit
oder auch Allmende genannt, die ebenfalls dem Grundherrn gehörte,
war der Allgemeinheit vorgehalten. Wiesen, Heide- und andere Flächen, die
nicht als Ackerland nutzbar waren, dienten zur Frettung (abweiden)
durch gemeinschaftliche Vieh- oder Schafherden. Die Heideflächen standen aber auch zum
Plaggenhauen für Streugut usw. zur Verfügung. Die frühere Frettung
der Allmende muß man sich so ähnlich vorstellen, wie es heute in der
Gebirgslandschaft mit dem Almauftrieb üblich ist. Die Allmende bestand überwiegend aus Heide-,
Holz-, Busch- und Moorgelände; diese Flächen sind auf der Kurhannoverschen
Landkarte von 1769 noch zu ersehen. Das Auetal mit seinen Niedermoorwiesen
zählte bis zur Aufteilung 1788 zur Allmende Zur Erschließung der einzelnen Grundstücke
wurden neue Wegeverbindungen, s. g. Koppelwege und Viehtriften, unter
Angabe der Breite nach „kalenberger Fuß = 0,291 m) festgelegt. Die
„Breite inclusive Gräben“ der Wege wurde
je nach Bedeutung mit 48,40,32,24,16 und 8 Fuß ausgewiesen. „Die unter
32 Fuß abgesteckten Wege dürfen niemals zu
Viehtriften benutzt werden“. * *Siehe folgendes Dokument der „Koppelwege
und Triften in Postmoor“. Bestimmte Standorte mit Nutzungsrechten und Unterhaltspflichten durch die Interessenten
wurden unter folgenden Titeln festgeschrieben: „a) Lehm und Mergelgruben; b) Zum Sandgraben; c) Heitzung der Schulstube;
d) Errichtung von Nothwohnungen (insbes. für obdachlos werdende Häuslinge;
e) Gottesacker; f) Trinken und zum Wasserschöpfen; g) Feuerteiche;
h) Zum Sodenstechen; i) Überfahrten.“ Ferner ist das Anlegen von Überwegen,
Abzugsgräben (Seitengräben, Scheidegräben) mit vorgeschriebenen Räumungsarbeiten,
das Festschreiben von Staurechten, Befriedung der Koppeln, Nachbarschaftsrechte
und -pflichten und noch vieles mehr in diesem Rezeß geregelt worden. Dieser Rezeß hatte und hat auch zum Teil
heute noch Rechtskraft. Am 13.06.1974 sind der Gemeinde Bliedersdorf
auf Antrag alle Rechte und Pflichten der bisherigen Interessengemeinschaft
übertragen worden.
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