Postmoor - in Freud und Leid (2)

Fasloben

Eierschnorrer
( Die Postmoorer Eierschnorrer auf ihrer Tour)

Immer am zweiten Sonnabend im Februar, so die Tradition, wird in Postmoor noch heute “Fasloben“ gefeiert. Das durch Generationen überlieferte Eierschnorren, jahrelang auch durch Peter Ehlers, Edgar Bellmann (auch als Harmonika-Spieler) und Otto Feindt organisiert, ist in Postmoor kaum wegzudenken.

Otto Feindt schreibt noch heute Plakate, die auf dieses Ereignis hinweisen und zum Mitmachen und Bereithalten der Eier animieren. Gegen 14.00 Uhr versammeln sich die Schnorrer bei Edgar Bellmann. Jeder zahlt seinen Obolus. Erich Terne hat das Ganze. Er ist für die Musik zuständig und für die Abrechnung usw. Ihm zur Seite stehen Kurt Wiesing, Otto Bardenhagen und Otto Feindt. Mit Musik ziehen wir dann mit „Köm“ (Korn und Roten) und einem Korb für Eier von Haus zu Haus. Das geht natürlich in die Zeit. Wir werden beim Schnorren reichlich mit Eiern und Brot, mit Ersatzflaschen und sogar mit Bargeld bedacht. Die Spender bekommen als „Dankeschön“ jeweils etwas vorgespielt und einen ausgeschenkt. Mitunter heißt es auch, „komm, wi wölt ee’n lütt’n affpett’n“!

Damit aber alle schön bei der Stange bleiben, gibt’s unterwegs immer wieder mal einen „aus’m Buddel“. Was wir aber auch sehr zu schätzen wissen, ist, daß Grete Winkelmann uns mit selbstgebackenem Kuchen und heißem Kaffee überrascht und uns damit so richtig wieder aufmuntert. Und schon wenige Häuser weiter, bei Berta und Fieten Höft gibst „Berliner zum Sattessen". An diesem Tag kann man sich wirklich nicht beklagen. Man wundert sich nur, wieviel Berliner so manch einer wegdrücken kann! Aber die Pflicht ruft zum Aufbrechen . Zwischendurch werden volle Eierkörbe gleich zum Wirt transportiert. Neben den zahlreichen Häusern, und es wurden immer mehr, müssen wir auch noch die beiden Wirtshäuser besuchen. „Jungedi!“, wohin mit all dem Alkohol, abends sollen wir ja auch noch „fit“ sein. Aber irgendwie wird es immer wieder geschafft.

Mit Musik geht es dann zum Tivoli, wo das große Eieressen stattfindet. 10 Einer pro Nase, und wer mehr möchte, bekommt auch mehr. Sie sind so gekocht, daß man sie aus der Hand essen kann. Mit einer guten Unterlage geht es zunächst nach Haus, um sich einen guten Zwirn anzuziehen und dann gemeinsam mit der Frau, Braut oder Freundin abends „Fasloben to fiern“ mit Tanz und guter Laune.

Eierschnorrer-Gedicht


(Dieses Gedicht widmete Horst Köppl den Postmoorer Eierschnorrern im Frühjahr 1978))


Die hohe Obrigkeit

Die hohe Obrigkeit hatte 1776 verlauten lassen, daß die Amtsgerichte u. a. fleißig darauf zu achten hätten, „daß wer u. a. das verbotene höchst ärgerliche Fastnachtwesen, Osterfeuer, Maigräfschaft, Pfings- und Fensterbier wieder einzuführen sich erdreisten sollte, so sind die dabei Interessierten nicht mit Geld, sondern mit Gefängnisstrafe zu legen“.

Pannkooken

Den alten Postmoorern war Schuster August Thobaben, *13.05.1847, Onkel und Taufpate von August Mehrkens, als lustiger Spaßvogel bekannt. U. a. hatte er auf den damaligen Pastoren Hinrich Gottlieb Elias Pfannkuche, der von 1853 bis 1867 in Bliedersdorf Pastor war, in Bezug auf seinen Namen ein Gedicht verbreitet:

„Pannkooken is een feines Eeten,
dat ward wohl een jeder weeten:

De dat nich weet, un dat nich glöff’t,
de hett gewiß noch gorkeen pröff’t

Pannkooken mit den swatten Rock.
dor bünn ik bannig vör in Schock!

(Diesen Vers und noch mehr bin ich von Johannes Löhn aus Bliedersdorf gewahr gewo

Pingsbüdel

Das Wort „Pfingsten“ stammt vom griechischen „Pentekoste“, der fünfzigste Tag nach Ostern.

Die alte Tradition, als Symbol des Frühlings Birkenzweige zu beiden Seiten der Hoftür -Grootdöör- bzw. Haustür anzubringen, wird heutzutags nur noch von wenigen aufrechterhalten. Früher, noch zu meiner Jugendzeit, war es noch gang und gäbe. Auch wer im Hause zuletzt aufgestanden ist, bekam einen Birkenzweig auf’s Bett gelegt und wurde „Pingsbüdel“ genannt. Bei einer Radtour wurden die Fahrräder mit dem jungen Grün geschmückt; oder wenn man no’m Pingstmark, no Neekloster, wo de Pingsossen ansnee’n wöör“ ( heidnischer Opferbrauch), radelte. Selbst Pferde, die als Gespann vor dem Ausflugswagen standen, wurden damit feierlich geschmückt.

Das Pflanzen von Pfingstbäumen ist bei uns in Postmoor noch Tradition. Jugendliche stellen vor Gasthäusern und vor Häusern sonstiger Sponsoren große Pfingstbäume auf. Es bereitet schon einige Mühe, bevor der Pfingstbaum gerade und ordentlich feststeht. Das Pfingtsbaumpflanzen ist natürlich nicht kostenlos. Wer mit einem solchen Birkenbaum, mit bunten Papierschleifen geschmückt, beehrt wird, muß dafür mindestens „Buddel Schluck“, Kiste Bier oder ein bißchen Geld spendieren. Von dem Gesamterlös wird dann letztendlich eine gemeinsame zünftige Fete ausgestattet.

Zur letzten Ruhe

Die Bestattungen unserer verstorbenen Mitbürger erfolgte von jeher auf dem Friedhof in Bliedersdorf. Bis Sommer 1880 wurden sie noch auf dem s. g. Kirchhof beigesetzt. Die Bezeichnung „Kirchhof“, weil er bei der Kirche, wie früher üblich, angelegt war. (Siehe auch Bliedersdorfer Chronik).

Ab 1880 wurde der neue Friedhof belegt.

Kleinkind in der Aue ertränkt

Wiedergabe einer Lokalnachricht der Horneburger Zeitung: aus dem Jahre 1910:

*** Horneburg, 8. Juli. In einem Anfall geistiger Umnachtung nahm in der Nacht auf gestrigen Donnerstag die junge Frau eines Maurers im nahen Postmoor ihr jüngstes 1 ½ Jahre altes Kind, ein Mädchen , aus dem Bette und eilte damit der nahen Aue zu, um sich und das kleine Wesen zu ertrinken. Gegen 3 Uhr langte sie ohne Kind von Wasser triefend bei einem ebenfalls im Postmoor wohnenden Bruder an und bat, wirre Reden führend, um Einlaß. Seit längerer Zeit befindet sich die Frau in einem kranken Zustande. Das Kind fand man am anderen Morgen als Leiche in der Aue, auf dem Wasser treibend in der Nähe der Eisenbahnbrücke. Der Mann und zwei andere Kinder haben von dem Weggang der Mutter nichts gemerkt. Wahrscheinlich wird die Frau, die jetzt zu Bett liegt und von dem ganzen Hergange nichts weiß, später einer Heilanstalt zugeführt werden. Eine Gerichtskommission hat den Tatbestand bereits aufgenommen.

Vermerk: Nach Angaben aus dem Kirchenbuch handelt es sich um die Familie: Maurer Friedrich-Wilhelm Kiehn und Ehefrau Margaretha, geb. Bellmann, * 29.07.1879. Maria hieß das kleine Opfer, * Januar 1909, + 07.07.1910. F.W. Kiehn ist am 27.02.1919 gefallen, was aus der Ehefrau geworden ist, ist nicht bekannt.

Erste Beisetzung auf dem
neuen Friedhof

„Catharina Winkelmann, geb. Rohde, geboren am 18.01.1821, Ehefrau des Heinrich-Wilhelm Winkelmann in Postmoor 15, ist am 05.07.1880 verstorben und am 08.07.1880 auf dem neuen Friedhof als erste Bestattung beigesetzt worden.“

Trauerzug von Postmoor

Die Trauerandacht fand in den meisten Fällen im Trauerhause statt. Wo vorhanden, wurde die Leiche auf der Diele aufgebahrt oder in einem sonstigen Zimmer des Hauses. Nach der Andacht wurde sie von dort mit einem pferdebespannten Leichenwagen zum Friedhof nach Bliedersdorf gebracht. Die gesamte Trauergemeinde folgte dorthin zu Fuß. In Postmoor war es damals üblich, daß der nächste Nachbar, der Pferde hatte, für diesen Ehrendienst anspannte. Der Leichenzug wurde auf dem ganzen Weg nach Bliedersdorf von keinem Fahrzeug oder Gespann überholt; entgegenkommender Verkehr fuhr rechts ran und wartete, bis der Zug vorbei war. Mit der Mütze in der Hand und gesenktem Haupte bezeugte man seine Ehrerbietung. Getragen wurde von „de Dorpslü“, die auch das Läuten der Kirchenglocken übernahmen.

Die Bestattungen vom Hause aus wurden durch den zunehmenden Verkehr auf der Straße immer problematischer, aber auch zum Teil wegen enger, häuslicher Verhältnisse. Wegen dieser Schwierigkeiten wurden immer öfters Beerdigungen von der Kirche aus vorgenommen. Diese Situation führte dazu, daß die Gemeinde 1971 die Friedhofskapelle errichten ließ. Sie wurde am 29.08.1971 eingeweiht.

Sterbekasse auf Gegenseitigkeit

Aus einer Notlage heraus gründeten Bliedersdorfer, Postmoorer und Rutenbecker Bürger 1925 eine Sterbekasse auf Gegenseitigkeit. Die Sterbefälle von Hinrich Ropers am 26.09. und Wilhelm Cohrs 01.10.1925 waren Anlaß, in dieser Notzeit den Verein zu gründen. Beim Todesfall eines Mitgliedes oder eines seiner Familienangehörigen wurde durch Umlage ein bestimmter Beitrag kassiert und als Sterbehilfe den Angehörigen zur Verfügung gestellt. Lt. Unterlagen von 1973 -1978 betrug der Auszahlungsbetrag DM 130,--. Für Erwachsene wurden 80 und für jedes Kind 50 Pfennig Umlage erhoben. Ab 07.11.1966 bis zur Auflösung war Helmut Gerken 1. Vorsitzender der Sterbekasse.

Als Kassiererin war lange Jahre Frau Erna Winkelmann tätig; zuletzt kassierte noch Johann Quast aus Bliedersdorf. Diese Selbsthilfegruppe bekam, wie soviele dieser Einrichtungen, das Problem zu spüren, daß die Heranwaschsenden sich nicht mehr beteiligen wollten. Im Elternhaus wurde noch für die Kinder bezahlt. Gründeten sie aber selbst eine Familie oder verließen aus anderen Gründen das Elternhaus, so schieden sie größtenteils als Beitragszahler aus. Und so kam es, wie es wohl kommen mußte, „die letzten beißen die Hunde“. Johann Winkelmann, der mit seiner Familie von Anfang an dabei war, verstarb am 01.08.78, für ihn wurde noch 130 DM gewährt. Für das Mitglied Karl Isenberg aus Postmoor wurde z. B. schon nicht mehr kassiert. Nach dem Tode von Magarethe Fitschen erfolgte am 15.12.1978 die letzte Auszahlung. Nachdem hat sich die Sterbekasse aus Mangel an Beitragszahlern aufgelöst.



(
Sterbekasse auf Gegenseitigkeit. Der Kassierer notierte die Mitglieder aus Postmoor)

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