Naturaldienste, wie man sie nannte, waren
eine alte deutsche Überlieferung. Die ersten Siedlungsgemeinschaften
verfügten noch über kein ausgeprägtes Verwaltungs- und Abgabensystem;
öffentliche Einrichtungen und Anlagen konnten daher nur durch gemeinsame
Arbeit geschaffen und unterhalten werden. In der Ratssitzung am 15.01.1927 wurde
das vom Gemeindevorsteher Johann Steffens vorgeschlagene Statut für
Hand- und Spanndienste usw. einstimmig angenommen. Zum Jahreswechsel 1950/51 hatte es wegen
der Hand- und Spanndienste wieder einmal Streit gegeben. Man einigte
sich, „daß zu den Handdiensten
arbeitslose Flüchtlinge mit herangezogen werden sollten, die durch
Konto Wegebau bezahlt werden sollten“. In Bliedersdorf wurden diese Dienste noch
bis 1968 von den Bürgern verlangt. Da ein gerechter Einsatz zu Schwierigkeiten
führte, kam es leider immer mehr zur Ungleichbehandlung. Die Willigen,
wozu insbesondere auch die Postmoorer zählten, waren immer die Dummen,
sie wurden immer häufiger zu Gemeindediensten herangezogen. Obwohl
die Hand- und Spanndienste gesetzlich von den Bürgern verlangt werden
konnten, wurden sie nach der Gemeindewahl 1968 abgeschafft, es hatte
sich gezeigt, daß in den Jahren zuvor ein gerechter Einsatz nicht
geleistet worden ist. Gemeinschaftsleistungen auf freiwilliger Basis
dagegen, z. B. durch Feuerwehr, Vereine oder andere Gruppen, wurden
weiterhin zum Wohle der Allgemeinheit durchgeführt. Ich denke da besonders
an die Dorfverschönerungs-Wettbewerbe. An Aktionen wie z. B. Unrat
sammeln, Freischneiden von Busch und Sträuchern an den Wirtschaftswegen,
Pflanzaktionen (s. nächste Seite) usw. haben wir uns als Postmoorer
immer beteiligt. Auch bei der Errichtung des Dorfgemeinschaftshauses
waren die Postmoorer immer mit vorne weg. Als besondere Hilfeleistung empfand ich
immer im Winter das Freischaufeln der Straße nach Bliedersdorf, wenn
das Dorf durch Schneeverwehungen eingeschlossen war. Ich erinnere
mich noch an das Jahr 1958, am 26.Februar war Bliedersdorf von der
Außenwelt abgeschnitten. Die Straße nach Bliedersdorf war unpassierbar
geworden. Die Verwehungen hatten die Höhen und Tiefen der Straße eingeebnet,
bis zu 3 m war der Schnee hoch. Kein Arzt oder Krankenwagen, keine
Hebamme oder sonstige Helfer konnten mit dem Fahrzeug ins Dorf gelangen.
Die Postmoorer waren wie gewohnt von dieser und die Bliedersdorfer
von der anderen Seite im Einsatz. Als aber der Bürgermeister die Devise
ausgab, aus Stade sollte ein schweres Gerät kommen, wurde in Bliedersdorf
das Schaufeln eingestellt. Als Melder zwischen den Ortsteilen habe
ich diese Nachricht den Postmoorern überbracht. Allerdings ohne Auswirkung! Wilhelm Winkelmann gab unmißverständlich
die Weisung: “Hier wird solange geschaufelt, bis Bliedersdorf frei
ist.“ Ich bin dann wieder über die Äcker nach Bliedersdorf gestiefelt,
um diese Antwort zu überbringen. Auch hier wurde dann weiter geschaufelt.
Gott sei Dank, denn die schweren Räumfahrzeuge sind nie gekommen!
Heute sind wir froh, daß wir die Straßenmeisterei des Landkreises
bei uns im Dorf haben. Bei Einsätzen im Kreisgebiet müssen zunächst
einmal die eigenen Straßenausfahrten frei und uneingeschränkt befahrbar
sein!
(Wieder einmal waren die Postmooraner
beispielhaft für das Gemeinwohl in Aktion) |
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